Als Kinder haben wir oft Märchen, wie „Schneewittchen“, „Rapunzel“ oder „Die Schöne und das Biest“ geschaut oder gelesen, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, welche Lehre diese Erzählungen doch verbargen. Heute begreifen wir, dass die wahre Schönheit Schneewittchens nicht ihr Aussehen, sondern ihre inneren Qualitäten wie Güte, Mitgefühl und Tapferkeit waren, die sie zur Schönsten im ganzen Land machten. Was für uns zuvor nur als Unterhaltung diente, führte uns einige Jahre später die Realität vor Augen.

 Ähnlich wie diese Märchen sind der Ausdruck und die Wirkung „die Entzauberung des 21. Jahrhunderts“ zu verstehen. Die Interpretation dieser variiert je nach Leser, denn die Bedeutung der ,,Entzauberung“ wird nicht vorgegeben, vielmehr hängt sie von unserem Blickwinkel und unserer Betrachtungsweise ab. Die alte Bettlerin verzauberte den Prinzen zu einem Biest, ein Zauber, der durch die wahre Liebe wieder rückgängig gemacht werden konnte, aber zugleich verwandelte die gute Fee Cinderella in eine elegante Prinzessin, wobei der Zauber aber nur bis Mitternacht hielt. Wenn wir nun über die Entzauberung des 21. Jahrhunderts sprechen, reden wir etwa über die unschöne Vergangenheit und deren heutige Verbesserung oder doch umgekehrt?

In der heutigen Gesellschaft scheint es, dass viele Menschen den Unterschied zwischen Dabeisein und tatsächlichem Erleben nicht mehr verstehen. Viele Menschen denken, dass, wenn sie an einem Ort sind, sie automatisch „dabei sind“. Doch dies stimmt nicht immer. Es ist von großer Bedeutung, zu verstehen, dass wahre Erfahrungen und Erlebnisse nur dann stattfinden können, wenn man sich voll und ganz auf das konzentriert, was geschieht und aktiv daran teilnimmt.

Dabeisein bedeutet, physisch präsent an einem Ort oder bei einer Aktivität zu sein. Es impliziert, dass der Körper anwesend ist, jedoch die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein weit entfernt sein können.

Erleben hingegen bedeutet, bewusst an dem teilzunehmen und beteiligt zu sein, was gerade geschieht. Es geht nicht nur um die physische Anwesenheit, sondern auch darum, auf den Moment konzentriert zu sein und ihm Aufmerksamkeit zu schenken– mit allen Sinnen.

Die Entzauberung des 21. Jahrhunderts spiegelt die komplexen Veränderungen, die heutzutage durch bedeutende Fortschritte und Entwicklungen vorangetrieben werden, wider. Ist die damalige Faszination für das Mystische und Unbekannte heute in den Schatten der Wissenschaft, der Rationalität und der Technologie geraten? Oder warum sprechen wir von „Entzauberung“ und nicht von „Bezauberung“ oder gar „Verzauberung“? Dieser Begriff vermittelt den Eindruck, dass der Zauber, der einst die Welt umhüllte, zunehmend verschwindet.

Natürlich ermöglicht die Entzauberung einen tieferen Einblick in die Wissenschaft. Diese Wissenschaft hat zu großen Erkenntnissen geführt, wie zu der Entdeckung von Schockwellen (2023) und einer Planetenkarte aus Neutrinos (2023). Zudem hat die Wissenschaft unser Verständnis von Naturgesetzen und Phänomenen erweitert. Jedoch führt dies gleichzeitig dazu, dass wir Menschen uns immer weiter von der Natur entfernen, denn ein rein mechanistisches Verständnis, welches sich nur auf die wissenschaftlichen Erklärungen fokussiert, könnte das Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge und die Notwendigkeit des Klimaschutzes beeinträchtigen.

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